Was tun die Mühlen, um die Belastung von Getreide und Mehl mit Pestiziden, Schimmelpilzgiften und anderen Kontaminanten zu minimieren? – Die Beherrschung der natürlichen auftretenden Schimmelpilze im Getreide ist Aufgabe der LandwirtInnen. Ebenso sind sie dafür verantwortlich, dass Pestizide nur dann eingesetzt werden, wenn es notwendig und sinnvoll ist und dabei Rückstände minimiert werden. Aufgabe der MüllerInnen ist es, Rohstoffe sorgfältig auszuwählen, deren Qualität gemeinsam mit den Lieferanten zu begutachten sowie sämtliche Möglichkeiten von Reinigung und Verarbeitung in der Mühle zu nutzen, um Kontaminationen zu reduzieren. Die laufenden Untersuchungen in den Betrieben, die Ergebnisse des Europäischen Getreidemonitorings der Branche, wie auch die Ergebnisse des Mehltests von Ökotest zeigen: Mehle erfüllen zuverlässig höchste Qualitäts- und Sicherheitsstandards!
Qualitätssicherung in der Müllerei
Erster und wichtigster Schritt zur Qualitätssicherung in den Mühlen ist die sorgfältige Rohstoffauswahl. Unabhängig davon, ob das Brotgetreide direkt beim Landwirt oder über den Getreidehandel eingekauft wird, stehen die Müller im laufenden Kontakt mit ihren Lieferanten um sicherzustellen, dass die angelieferte Ware den Anforderungen entspricht.
Getreide ist ein Naturprodukt, weshalb die Landwirte jedes Jahr anderen Herausforderungen gegenüberstehen. Dabei geht es nicht nur um die Produktqualität, um Rohproteingehalte oder Backeigenschaften des Getreides, sondern ebenso um Fragen der Lebensmittelsicherheit, Mykotoxingehalte und andere Kontaminanten.
Rohstoffqualität wird auf dem Feld gemacht. Pflanzenschutzmittel werden dabei eingesetzt, um die Pflanzen gesund zu erhalten und so unter anderem auch Kontaminationen mit Mykotoxinen zu minimieren. Für die Getreideverarbeiter ist es wichtig, über Getreidequalitäten aber auch notwendig gewordene Pflanzenschutzmaßnahmen frühzeitig Bescheid zu wissen. Sie begehen erstmals im Frühjahr gemeinsam mit den Landwirten die Felder, um die Pflanzenbestände zu begutachten. Dabei beginnt die Zusammenarbeit bereits mit dem Austausch über neue Qualitätsanforderungen und die Auswahl der Getreidesorten. Landwirte und Müller stehen im Gespräch mit den Züchtern zu den Eigenschaften neuer Getreidesorten.
Die Qualitätsanforderungen für mühlenfähiges Getreide werden in Ein-kaufskontrakten festgelegt, deren Einhaltung wird in vielen Fällen bereits auf dem Feld geprüft. Bei der Anlieferung im Mühlenbetrieb wird jede einzelne Getreidepartie beprobt und auf die wesentlichen Parameter im Mühlenlabor untersucht. Getreideproben werden laufend auch an externe Handelslaboratorien zur Untersuchung versandt, um zum Beispiel Rückstände von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen zu bestimmen. Die Untersuchungen werden risikoorientiert beauftragt.
Nach der Rohstoffauswahl übernimmt die Mühlenreinigung eine wichtige Funktion bei der Herstellung von Mehl und anderen Mahlerzeugnissen. In einem mehrstufigen Prozess wird das Getreide vor der Vermahlung sorgfältig gereinigt. Dazu werden in der Müllerei verschiedenste Maschinen einge-setzt, die das gesunde Getreidekorn von Bruchkörner, fusarienbefallenen Körnern, Stroh, Staub, Steinen oder Unkrautsamen trennen. Mit Scheuermaschinen wird am Getreidekorn anhaftender Schmutz und Staub entfernt. Die Getreidereinigung sorgt dafür, dass etwaige Kontaminationen deutlich reduziert werden. Nach der Vermahlung, vor der Verladung oder Verpackung der Mahlerzeugnisse finden abschließende Qualitätskontrollen statt, bevor die Lebensmittel den Betrieb verlassen.
Für den gesamten Prozess spielt das gemeinsam von den Mühlenunterneh-men und ihren Partnern in Getreidehandel, Backzutatenbranche und Bäcke-rei in Deutschland, Österreich und der Schweiz durchgeführte Europäische Getreidemonitoring (EGM) eine wichtige Rolle. Seit über zwanzig Jahren werden Getreide und Getreideprodukte flächendeckend auf Kontaminanten, Pflanzenschutzmittelrückstände und mikrobiologische Parameter un-tersucht. Die Ergebnisse geben einen sehr guten Überblick über die Qualität des verarbeiten Getreides und die Sicherheit der Mahlerzeugnisse. Zugleich unterstützen die Ergebnisse des gemeinsamen Monitorings die Unterneh-men bei der risikoorientierten Ausrichtung ihres betrieblichen Monitorings.
Das Europäische Getreidemonitoring zeigt eindeutig, dass Getreide und Ge-treideerzeugnisse sichere Lebensmittel sind und die Mühlen ihrer Verantwortung bei Rohstoffauswahl und -verarbeitung nachkommen. Dort wo zu den untersuchten Parametern Gehalte oder Rückstände gefunden werden, bewegen sie sich fast ausnahmslos weit unterhalb etwaiger gesetzlicher Höchstgehalte. Die Müllerei ist gut aufgestellt, hat bereits viel erreicht und wird kontinuierlich weiter daran arbeiten, Pflanzenschutzmittelrückstände oder Kontami-nationen mit Mykotoxinen zu minimieren.
Kritik an Nulltoleranz und Sekundärstandards
Wir halten es für sehr wichtig, dass es ein breites Verständnis zu den tatsächlichen Risiken im Bereich Lebensmittelherstellung gibt, so etwa zur Inter-pretation von und zum Umgang mit Analyseergebnissen bei der Risikobe-wertung. Konkret geht es dabei um die Festlegung von Grenzwerten oder um analytische Nachweis- und Bestimmungsgrenzen für verschiedenste Kontaminanten und Rückstände. Die Festlegung von Standards, die deut-lich unter den gesetzlichen Standards liegen, stellt die gut etablierte euro-päische und deutsche Verbraucherschutzpolitik in Frage.
Der VGMS hält Sekundärstandards für grundsätzlich falsch. Was nicht heißt, dass die Unternehmen im VGMS jederzeit für die gemeinsame Erarbeitung sinnvoller, machbarer und spezifischer Minimierungsstrategien in der ge-samten Wertschöpfungskette zur Verfügung stehen beziehungsweise an solchen bereits seit Jahren mit den Partnern in der Getreidewertschöpfungs-kette arbeiten.
Cadmium
Cadmium findet sich als natürlicher Bestandteil der Gesteine regional sehr unterschiedlich in allen Böden. Landwirte kennen die Beschaffenheit ihrer Böden. Brotgetreide wird auf von Natur aus besonders belasteten Böden oder in belasteten Überschwemmungsgebieten nicht angebaut. Die Mühlen schließen in ihren Einkaufskontrakten aus, dass das Getreide von mit Klärschlamm gedüngten Feldern stammt.
Die Unternehmen im Verband Deutscher Mühlen (VDM) haben, wie andere Branchen der Lebensmittelwirtschaft auch, an der Umsetzung der Empfeh-lung der EU-Kommission vom April 2014 zur Senkung des Cadmiumgehalts in Lebensmitteln mitgearbeitet. In der Mitteilung der Bundesregierung an die EU-Kommission heißt es dazu, „der Abschlussbericht macht deutlich, dass in Deutschland im Berichtszeitraum die erheblichen Anstrengungen zur Verringerung der alimentären Verbraucherexposition mit Cadmium fort-gesetzt wurden“. Das Bundesumweltministerium nennt hier insbesondere „die Fortsetzung des vom VDM organisierten Europäischen Getreidemonito-rings. Untersuchungsergebnisse von Getreide- und Mehlproben zeigen, dass die Cadmium-Gehalte im Getreidewirtschaftsjahr 2016/2017 ausnahmslos unter dem jeweiligen EU-Höchstgehalt liegen“.
Cadmium lässt sich – in sehr geringen Mengen – in nahezu sämtlichen Getreidepartien nachweisen, dabei werden die gesetzlichen Höchstgehalte zuverlässig eingehalten. Die europäische Kontaminantenverordnung (Verord-nung (EG) Nr. 1881/2006 vom 19. Dezember 2006 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln) legt einen Höchstgehalt für Cadmium in Weizenkörnern von 0,20 mg/kg fest.
Mykotoxine
Wechselnde Witterungsverhältnisse, standortbedingte Unterschiede und ackerbauliche Aspekte führen zu natürlichen jährlichen Schwankungen beim Befall mit Fusarien und anderen Schimmelpilzen im Getreide und da-mit zu sehr unterschiedlichen Kontaminationen mit Mykotoxinen wie Deoxynivalenol (DON) oder T2 HT2-Toxinen.
Durch die sorgfältige Rohwarenauswahl, eine gut eingestellte Mühlenreinigung sowie eine fortlaufende Qualitätskontrolle wird in den Betrieben sichergestellt, dass die festgelegten Höchstgehalte in den Getreideerzeugnissen nicht überschritten werden.
In der Kontaminantenverordnung (Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 vom 19. Dezember 2006 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln) sind Höchstgehalte für DON festgelegt, für Dinkel- und Weizenmehl gilt ein Höchstgehalt von 750 μg/kg.
Der gültige europäische Richtwert für T2 HT2-Toxine – bisher gibt es keinen gesetzlich festgelegten Höchstgehalt – liegt für Dinkel- und Weizenmehl bei 50 μg/kg (Empfehlung der Kommission vom 27. März 2013 über das Vorhandensein der Toxine T2 und HT2 in Getreiden und Getreideerzeugnissen).
Konventionelle Landwirtschaft und Pflanzenschutzmittel
Rund drei Prozent des in Deutschland hergestellten Mehls wird aus ökologisch erzeugtem Getreide, 97 Prozent des Mehls aus konventionell erzeugtem Getreide hergestellt. Der Einsatz von Wachstumsregulatoren oder Halmverkürzern ist in der konventionellen Landwirtschaft weit verbreitet und kann folglich in vielen Getreidepartien nachgewiesen werden. Eingesetzt werden sie, um die Standfestigkeit der Getreidebestände zu erhöhen und die Pflanzen vor dem Abknicken bei Wind und Regen zu bewahren. Getreidebestände die ins Lager gehen können nur schwer geerntet werden. Darüber hinaus können die Ähren in Kontakt mit dem Boden kommen und sind anfälliger für den Befall mit Schimmelpilzen. Der Einsatz von Wachstumsregulatoren dient dazu, die Ernte sowie die Qualität des Getreides zu sichern. Der Rückstandshöchstgehalt für den Wirkstoff Chlormequat in Dinkel und Weizen liegt bei 7 mg/kg (Verordnung (EG) Nr. 396/2005 vom 23. Februar 2005 über Höchstgehalte an Pestizidrückständen).
Die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 vom 23. Februar 2005 über Höchstgehalte an Pestizidrückständen sieht weiter folgende Rückstandshöchstgehalte für Dinkel und Weizen vor: Für das Insektizid Chlorpyrifos gilt ein Rückstands-höchstgehalt von 0,5 mg/kg. Für das Insektizid Cypermethrin gilt ein Rück-standshöchstgehalt von 2,0 mg/kg. Für das Insektizid Deltamethrin gilt ein Rückstandshöchstgehalt von 1,0 mg/kg. Für das Insektizid Pirimiphos-methyl gilt ein Rückstandshöchstgehalt von 5,0 mg/kg. Für das Fungizid Tebuconazol gilt ein Rückstandshöchstgehalt von 0,3 mg/kg.
Die nationale Rückstands-Höchstmengenverordnung (Anlage 2 (zu § 1 Abs. 1 Nr. 2), Liste A) sieht für Piperonylbutoxid – einen Synergisten der die insekti-zide Wirkung von bestimmten Wirkstoffen verstärkt – eine Höchstmenge von 10,0 mg/kg für Getreide vor.
MOSH/MOAH
Nahezu alle Bereiche der Lebensmittelwirtschaft sind mit dem Vorkommen von Mineralölkohlenwasserstoffen – Mineral Oil Hydrocarbons MOH – befasst und arbeiten an deren Minimierung. Betrachtet werden insbesondere zwei Gruppen chemischer Verbindungen, die Gesättigten Mineralölkohlenwasserstoffe (MOSH) sowie Aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH).
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) halten die Verbindungen für kein akutes Lebensmittelsicherheitsproblem. Sie sehen die aufgrund der bestehenden Hintergrundbelastung unvermeidbare Aufnahme durch den Verzehr von Lebensmitteln lediglich geringfügig erhöht. Die komplexen Kohlenwasser-stoffgemische gelten jedoch, da sie weiter toxikologisch nicht ausreichend bewertet sind, grundsätzlich als unerwünschte Substanzen, deren Übergang auf Lebensmittel minimiert werden sollte.
Lange wurde der Einsatz von Recyclingpapieren in der Verpackung als die wesentliche Eintragsquelle betrachtet. Inzwischen sind verschiedenste Quellen und Eintragspfade entlang der gesamten Wertschöpfungskette für Lebensmittel und Verpackungen bekannt. Dazu zählen der Anbau und die Ernte, der Transport und die Lagerung von Getreide. Um die Belastung ihrer Produkte mit Mineralölkohlenwasserstoffen möglichst gering zu halten, setzen die Hersteller von Mehl und Mahlerzeugnissen dort, wo sie Einfluss nehmen können, auf eine Vermeidungsstrategie nach dem ALARA-Prinzip. Sie haben ihre Rohstoffe und mögliche Eintragsquellen in den Betrieben im Blick, Mehl wird in Verpackungen aus Frischfasern abgefüllt. Neben dem direkten Kontakt etwa mit Verpackungen, kann eine Kontamination von Le-bensmitteln auch über die Luft erfolgen. Mineralölkohlenwasserstoffe kommen ubiquitär vor, was die Aufgabe für die Unternehmen umso schwieriger macht.
Die Unternehmen orientieren sich an den von der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz (LAV) gemeinsam mit dem Lebensmittelverband Deutschland erarbeiteten Orientierungswerten für Mineralölkohlenwasser-stoffe (MOH) in Lebensmitteln. Für Getreideerzeugnisse gilt ein MOSH-Orientierungswert von 6 mg je kg (C10 bis C50). MOAH soll in Getreideerzeugnissen gar nicht bestimmbar sein.
Die Untersuchungen aus dem Europäischen Getreidemonitoring zeigen, dass die Maßnahmen in den Betrieben erfolgreich zur Minimierung von MOH beitragen. MOAH wird lediglich vereinzelt und mit sehr geringen Ge-halten nachgewiesen. MOSH wird in rund der Hälfte aller untersuchten Mehle nachgewiesen, dabei liegen alle Nachweise unterhalb des genannten Orientierungswertes.
Wichtig zu wissen ist, dass die Bestimmung von MOH in Lebensmitteln nicht einfach ist. So spielt die Probenaufbereitung hier eine besondere Rolle, um Fehlnachweise sicher auszuschließen. Die Untersuchungsergebnisse müssen anschließend sorgfältig interpretiert werden, um die richtigen Schlüsse zu ziehen. Mit der hoch komplexen Analytik werden ansonsten auch natür-liche, pflanzeneigene Substanzen erfasst, die tatsächlich aber keine Konta-mination mit Mineralölkohlenwasserstoffen darstellen.